UNTERWEGS. Wer gerne regelmäßig mal ein paar Tage in der Natur unterwegs ist – Wandern, Campen, Velotouren machen – hat sie sicher schon entdeckt: die «Outdoorseife». Meist in flüssiger Form, abgefüllt in kleinen Plastikfläschchen und oft mit dem Hinweis «biologisch abbaubar» versehen. Stimmt das – und vor allem: Braucht es das?
Mit der «Outdoorseife» ist es ein bisschen so wie mit der «Hundeseife». Kaum schreibt jemand einen speziellen Verwendungszweck auf ein Produkt (und sei es ein gar gewöhnliches und ansonsten mit banalerer Beschriftung ebenfalls erhältliches), kann er oder sie leicht mehr dafür verlangen, schließlich ist es ja (angeblich) ein «Spezial»-Produkt (Sie kennen das ja vom «Spezial»-Bier oder vom «Spezial»-Brot).
Im Fall der «Outdoorseife» tummeln sich dabei oft Anbieter am Markt, deren «Outdoor»-Produkte sich kaum von den ansonsten angebotenen unterscheiden. Meist verkaufen sie Ihre Flüssigseife einfach in kleineren Plastikfläschchen und dann entsprechend etwas teurer.
Das «outdoor» hat dann mehr mit «praktisch zum Mitnehmen» zu tun, als mit biologischer Abbaubarkeit, auf die es in der Natur ja eigentlich ankäme. Solche Flüssigprodukte bestehen meist vor allem aus Wasser und oft aggressiven künstlichen Tensiden wie die umstrittenen Schaumbildner →Sodium Lauryl Sulfate (SLS) oder →Sodium Laureth Sulfate (SLES).
Zum Teil sind sie angereichert mit zweifelhaften Komplexbildnern zur Wasserenthärtung wie →EDTA oder Erdölderivaten (erkennbar an der Vorsilbe →«PEG» in der Zutatenliste). All das konterkariert ein «Naturerlebnis» mit diesen Seifen zusätzlich.
«Biologisch abbaubar» – ein dehnbarer Begriff
Können solche Flüssigseifen tatsächlich auch «biologisch abbaubar» sein, wie es oft auf den Etiketten heißt? Naja, zumindest ein bisschen. Denn das Ganze ist Sache einer recht großzügigen gesetzlichen EU-Definition. Danach müssen lediglich die enthaltenen Tenside binnen vier Wochen zu 60 Prozent biologisch abbaubar sein, dann geht man davon aus, dass das mit dem Rest auch noch passiert und deklariert das als «vollständig biologisch abbaubar».
Der «Totalabbau« bleibt für die Industrie demnach ein Idealziel – es ist also eher Kür als tatsächlich Pflicht. Die Wissenschaft geht allerdings davon aus, dass der Abbau tatsächlich komplett stattfindet.1 Auf Wikipedia finden Sie zu den unterschiedlichen Definitionen von «biologisch abbaubar» einen leicht lesbaren und verständlichen Text2.
Warum feste Seifen, welche nur aus Natronlauge und Fetten bestehen, tatsächlich bis zum letzten Prozent biologisch abbaubar sind, lesen Sie hier: «Sind feste Seifen vollständig biologisch abbaubar?»
Es ginge auch anders
Eine große Ausnahme unter den großen Flüssigseifenherstellern ist die US-Seifenmarke Dr. Bronner’s, deren Seifen an Stelle synthetischer Tenside fast dieselben Zutaten enthält wie die bezüglich der biologischen Abbaubarkeit unbedenkliche feste Seife. Statt Natron- wird dabei bei der Herstellung Kalilauge verwendet, ansonsten werden ebenfalls Öle und Fette verwendet wie bei festen Seifen auch.3
Da Kalilauge weiche Seifen ergibt, wird damit ansonsten Schmierseife hergestellt. Mit etwas Wasser verdünnt, wie es dieser Hersteller tut, erhält man ebenfalls eine Flüssigseife, allerdings auf Basis tatsächlicher Seife statt aus künstlichen Tensiden. Zwischenzeitlich bieten auch einige kleinere Hersteller in Europa Flüssigseifen auf dieser Basis an, sie haben am Gesamtmarkt aber nur verschwindend geringe Anteile.
Freilich werden auch diese flüssigen Seifen in Plastikflaschen abgefüllt, die traditionell aus Erdölprodukten bestehen und bekanntlich kaum biologisch abbaubar sind und damit auch nicht wirklich im Sinne eines umweltfreundlichen «Outdoor»-Verhaltens.
Die Alternative liegt auf der Hand: ein festes Stück Seife ohne künstliche Zusätze und eine Seifendose. Damit hat man tatsächlich etwas «100 Prozent biologisch abbaubares» dabei, was deutlich weniger wiegt als eine Plastikflasche mit Flüssigseife, die doch zum größten Teil aus Wasser besteht.
Im Fluss mit Seife baden ist tabu
«Biologisch abbaubar» heißt allerdings nicht, dass man den Seifenschaum tatsächlich überall in der Natur einfach bedenkenlos verteilen sollte. Denn auch wenn echte Seife binnen weniger Tage biologisch abbaubar ist, sollte sie bis dahin nicht von Fischen, Krebsen oder anderen Wassertieren getrunken werden. Das gilt für feste ebenso wie für flüssige Seife, denn Seifenwasser ist für Fische, Krebse und andere Wassertiere giftig.
Mit Seife sollte man also weder im Fluss noch im See baden. Stattdessen nimmt man sich etwas Wasser aus See oder Fluss, wäscht sich am Ufer und lässt dort den Schaum und das Seifenwasser im Boden versickern. Dort kann er gut und ohne zu schaden abgebaut werden.
Quellen:
[1] Frey, Wolfgang: «Die Renaissance der Seife», Heiligkreuz, 2025, S. 93.
[2] Wikipedia: «Biologische Abbaubarkeit», online unter «https://de.wikipedia.org/wiki/Biologische_Abbaubarkeit», zuletzt aufgerufen am 4. April 2023.
[3] Während für feste Seifen Öle und Fette mit Natronlauge verseift werden (in der Zutatenliste zu erkennen am Zusatz «sodium» für das jeweilige Fett), wird für zähflüssige Seifen Kalilauge verwendet (der Zusatz lautet dann «potassium»). Siehe für eine Dr. Bronner’s-Seife beispielhaft die Zutatenliste hier: «18-in‑1 NATURSEIFE Pfefferminze», online unter «https://drbronner.de/collections/brand/products/18-in-1-bio-naturseife-pfefferminze-dr-bronners», zuletzt aufgerufen am 4. April 2023.