Das Sterben der Seifenfabriken geht weiter

Blick in die Produktion der Seifenfabrik in Heitersheim.
Blick in die Produktion der Seifenfabrik in Heitersheim.

ZUGESPERRT. In Heitersheim schließt ein weiteres deutsches Seifenwerk. Diesmal trifft es die ehemalige Fabrik des 1887 gegründeten Herstellers Hirtler-Seifen. Sie stellt die Produktion Ende März 2026 endgültig ein. Damit geht das Sterben der europäischen Seifenfabriken weiter – und die lange Insolvenz-Geschichte des traditionsreichen Offenbacher Kappus-Konzerns bekommt ein neues Kapitel.

Die 1848 in Offenbach am Main gegründete M. Kappus GmbH & Co. KG Feinseifen und Parfümeriefabrik war zeitweise der größte Seifenhersteller Europas. Das Unternehmen glaubte bis zum Schluss an die klassische feste Seife und kaufte daher seit den 1990er Jahren mehrere Werke der Konkurrenz auf.

Ende der 2010er Jahre schließlich kapitulierte Kappus angesichts des Siegeszugs von Duschgels und Flüssigseifen und meldete Insolvenz an. Dem Preisdruck auf dem Markt der festen Industrie‑, respektive →Feinseifen hielt der mittelständische Konzern nicht mehr stand – die Gewinnmargen für ein Stück Seife lagen teils nur noch bei wenigen Cent.1

Erbe des Offenbacher Seifenpioniers Kappus

Mit der Kappus 1848 GmbH bestätigte Ende September 2025 nun die bereits zweite Kappus-Nachfolgefirma das Aus für das letzte verbliebene Werk aus dem einstigen Seifenimperium.

Dabei verbreiteten die Investoren, die sich um einen Weiterbetrieb der Kappus-Werke bemühten, stets großen Optimismus. Erst 2020 hatte die erste Nachfolgefirma, die neu gegründete Kappus Gmbh, die ehemalige Hirtler-Fabrik in Heitersheim zusammen mit dem ehemaligen Konsum Seifenwerk Riesa, dem einst größten Seifen- und Waschmittelhersteller der DDR,2 aus der Insolvenzmasse übernommen.

Der Investor, die Münchener Ad Astra Beteiligungs GmbH3, sah großes Potential: «Wir sind sehr zufrieden mit der Übernahme und äußerst zuversichtlich, dass sich der Markt für Festseife unter anderem durch den anhaltenden Trend zu nachhaltigen Produkten in den kommenden Jahren stark entwickeln wird», erklärten die Geschäftsführer Ulrich Clemm und Thomas Krüger, als sie 2020 die Übernahme bekanntgaben.4

Ein Jahr später kam der Hersteller CosSavon in Kehl neu hinzu. Doch auch die Kappus Gmbh hatte mit der schwierigen Marktlage zu kämpfen. Zwei Jahre nach ihrer Gründung meldete die Kappus GmbH Insolvenz in Eigenverwaltung an.5

Die Kappus-Firmengeschichte.

Zwei Jahre später verkündet sie nun das Aus für das Werk in Heitersheim. Damit sind im Frühjahr 2026 alle ursprünglichen Kappus-Seifenfabriken Geschichte.

Die Seifenfabrik in Heitersheim wurde 1887 von Ernst Hirtler gegründet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs übernahmen 1946 der erst 17 Jahre alte Horst Hirtler und seine Mutter den Familienbetrieb.

Nach Horst Hirtlers Tod 1975 führte zunächst Helga Hirtler das Geschäft weiter, 1980 wurde es verkauft und landete nach Zwischenstationen 1984 beim Beiersdorf-Konzern. Der ließ dort Seifen für seine eigenen Marken fertigen, zudem produzierte das Werk in Heitersheim als Lohnhersteller Seifen für Handelsmarken im In- und Ausland.7

Der einstige Internetauftritt der Traditionsfabrik «Hirtler Seifen».
Der einstige Internetauftritt der Traditionsfabrik «Hirtler Seifen».

Im Jahr 2007 veräußerte Beiersdorf die Fabrik an die niederländische Unternehmensgruppe Budelpack International, einen Konsumgüterhersteller, der damit seine Seifenproduktion stärken wollte.8

Im Jahr 2016 wurde es dann von der M. Kappus GmbH & Co. KG Feinseifen und Parfümeriefabrik übernommen,9 die unter anderem dadurch kurzzeitig zum größten europäischen Seifenhersteller avancierte, bevor sie nur zwei Jahre später, 2018, selbst Insolvenz anmelden musste.10

Nun schließt die jüngste Nachfolgefirma Kappus 1848 GmbH das Heitersheimer Werk, wie zuerst die Badische Zeitung berichtete.11 Damit verlieren 73 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihren Arbeitsplatz und die Stadt Heitersheim ihren größten Arbeitgeber.

«Es ist tragisch für die Mitarbeiter und keine gute Nachricht für die Stadt», zitiert die Zeitung den Heitersheimer Bürgermeister Christoph Zachow. In der Stadt sei man schon auch stolz gewesen auf die Seifen.

Die Seifenfabrik in Heitersheim.
Die Seifenfabrik in Heitersheim.

Das Unternehmen selbst nennt Personal- und Energiekosten sowie eine schwierige Rohstoffbeschaffung als Gründe. Seine Sprecherin Kerstin Sauer räumt gegenüber Seifenwissen aber auch einen Investitionsstau ein, der durch die früheren Insolvenzen verursacht worden sei. Statt der angepeilten 30 bis 35 Millionen Euro Umsatz wurden so zuletzt nur knapp 20 Millionen erreicht.

Die Kappus 1848 GmbH wird sich laut Sauer nun auf den Standort Kehl mit dem dortigen (letzten verbliebenen) Hersteller CosSavon GmbH konzentrieren. Von Kehl aus soll sich ein kleines Team weiter um Kundenkontakte und Vertrieb kümmern.

Die Firmensprecherin verbreitet erneut Zuversicht: «Wir haben langjährige Kundenbeziehungen und ein eingespieltes und motiviertes Team von Mitarbeitern am Standort Kehl. Von dort aus bieten wir den Kunden von der Entwicklung bis hin zum finalen Verpackungs- und Logistikkonzept einen Full Service.»

Die Seife der Marke «Fa», deren Einstellung kürzlich bekannt wurde, hat Sauer zufolge nichts mit der Schließung des Werks in Heitersheim zu tun.

Das Sterben der deutschen und europäischen Seifenfabriken hat sich seit den ersten Insolvenzanträgen der Offenbacher M. Kappus GmbH & Co. KG Feinseifen und Parfümeriefabrik deutlich beschleunigt. Zunächst schloss 2019 das Offenbacher Stammwerk,12 2020 das vom Seifen- und Waschmittelhersteller Henkel KGaA übernommene Dreiring-Werk GmbH in Krefeld, 2023 das Werk in Riesa, nun 2026 jenes in Heitersheim.

Getroffen hat es damit vor allem Lohnhersteller, also Unternehmen, die Produkte für Markenartikler oder Handelsketten herstellen. Lediglich die ursprüngliche Offenbacher Firma Kappus vertrieb Seifen auch unter der eigenen Marke «Kappus». In Erinnerung bleibt etwa die einzige Seife auf dem deutschen Markt mit Magnolienduft.

Die Heitersheimer Hirtler-Fabrik hat ihre Abnehmer nie offiziell offengelegt, sie belieferte jedoch nach historischen Angaben Abnehmer in mehr als 60 Ländern, wobei der europäische Markt rund 90 Prozent ausmachte.13

Im einem Video der Danko Insolvenzverwaltung von 2023 (unten stehend) ist jedoch zu sehen, dass dort unter anderem Seifen der Marken «Nivea»14 und «8x4» produziert wurden, ebenso solche für die Handelsmarke «Aveo» der Drogeriekette Müller Handels GmbH & Co. KG.

Die Kappus 1848 GmbH setzt heute die Tradition ihres untergegangenen Namensgebers fort. Sie produziert feste und flüssige Seifen sowohl unter eigenem Namen als auch für Auftraggeber.15

Das Problem besteht unterdessen in einem weiter schrumpfenden Markt für industriell hergestellte →Feinseifen. Markenartikler nehmen die klassischen festen Seifen zunehmend aus dem Programm und das Billig-Segment der Handelsmarken von Supermarkt- und Drogerieketten generiert nur eine geringe Gewinnmarge. Zugleich werden Rohstoffe wie Pflanzenfette stetig teurer.

[Stand 29. September 2025]

Weiterführende Literatur:

Ausführlich und mit weiteren Hintergründen sind der Niedergang der deutschen Seifenindustrie und der Siegeszug der synthetischen Flüssigprodukte im Buch «DIe Renaissance der Seife» beschrieben.

Bildnachweis:

  1. Screenshot: https://www.youtube.com/watch?v=3t-j9ZfVBUg
  2. Rauenstein, public domain: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Heitersheim,_Hirtler.jpg

Quellen:

  1. Wolfgang Frey: «Die Renaissance der Seife», Heiligkreuz 2025, S. 50f. und 154. ↩︎
  2. Wikipedia: «Konsum Seifenwerk Riesa», https://de.wikipedia.org/wiki/Konsum_Seifenwerk_Riesa, zuletzt aufgerufen am 27. September 2025. ↩︎
  3. Astra Beteiligungs GmbH:«Portfolio», online unter http://www.adastra.de/de/portfolio.php, zuletzt aufgerufen am 27. September 2025. ↩︎
  4. CosSavon: «Erfolgreiche Übernahme des Seifenspezialisten Kappus», online unter https://cossavon.de/blog/erfolgreiche-uebernahme-des-seifenspezialisten-kappus/, vgl dazu auch Danko Insolvenzverwaltung: «Insolventer Seifenhersteller Kappus-Gruppe gerettet», 11. März 2020, online unter https://www.danko-law.de/wp-content/uploads/2023/01/Kappus-PM-Investorenloesung-final-200311.pdf, jeweils zuletzt aufgerufen am 27. September 2025. ↩︎
  5. Insolvenzportal: «GRUB BRUGGER unterstützt die Kappus GmbH im Eigenverwaltungsverfahren», online unter https://app.insolvenz-portal.de/Nachrichten/grub-brugger-unterstuetzt-die-kappus-gmbh-im-eigenverwaltungsverfahren/25757, zuletzt aufgerufen am 29. September 2025. ↩︎
  6. Kappus 1848 GmbH: «Über uns», online unter https://www.kappus.com/ueber-uns/, zuletzt aufgerufen am 27. September 2025. ↩︎
  7. Hirtler.com, archiviert unter https://web.archive.org/web/20110201183453/http://www.hirtler.com/, zuletzt aufgerufen am 26. September 2025. ↩︎
  8. Hamburger Abendblatt: «Beiersdorf verkauft Seifenfabrik», 17. Februar 2007, online unter https://www.abendblatt.de/wirtschaft/article107208150/Beiersdorf-verkauft-Seifenfabrik.html, zuletzt aufgerufen am 26. September 2025. ↩︎
  9. Kappus 1848 GmbH: «Unsere Standorte», archiviert unter https://web.archive.org/web/20250429051534/https://www.kappus.com/kompetenzen/standorte/, zuletzt aufgerufen am 26. September 2025. ↩︎
  10. Wikipedia: «M. Kappus», https://de.wikipedia.org/wiki/M._Kappus, zuletzt aufgerufen am 26. September 2025 ↩︎
  11. Simone Höhl: «Die Heitersheimer Seifenfabrik schließt – über 70 Menschen verlieren ihre Arbeit» in Badische Zeitung, 22. September 2025, online unter https://www.badische-zeitung.de/die-heitersheimer-seifenfabrik-schliesst-ueber-70-menschen-verlieren-ihre-arbeit, zuletzt aufgerufen am 27. September 2025. ↩︎
  12. Frank Sommer: «Kappus Offenbach wird geschlossen», in Frankfurter Rundschau, 23. März 2019, online unter https://www.fr.de/rhein-main/kappus-wird-geschlossen-11878173.html, zuletzt aufgerufen am 27. September 2025. ↩︎
  13. Hirtler.com, archiviert unter https://web.archive.org/web/20171015230326/http://www.hirtler.com/index.php?id=13, zuletzt aufgerufen am 27. September 2025. ↩︎
  14. Vgl. auch : Wikipedia «Beiersdorf AG», online unter https://de.wikipedia.org/wiki/Beiersdorf_AG, zuletzt aufgerufen am 27. September 2025. ↩︎
  15. Kappus 1848 GmbH: «Produkte», online unter https://www.kappus.com/produkte/, zuletzt aufgerufen am 27. September 2025. ↩︎

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